Im Herbst 2024 hat muslimehelfen gemeinsam mit seinem indonesischen Partner in Aceh die Projektreihe „One Village at a time – Ein Dorf nach dem anderen“ (OVAAT) gestartet. Die Projektreihe besteht aus mehreren aufeinanderfolgenden Projektphasen und hat das Ziel, ländliche Gemeinden in Indonesien ganzheitlich zu fördern. Dabei stehen die dringendsten humanitären Bedürfnisse dieser Gemeinden im Vordergrund. In Anlehnung an die internationalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sollen so für Muslime in Indonesien Abhängigkeiten verringert und Gemeinschaften gestärkt werden.
Für die Projektreihe wurde der Ort Linge ausgewählt, der sich mehrere Stunden von der nächstgelegenen Stadt entfernt ziemlich isoliert in den Bergen von Zentral-Aceh befindet, also fernab von funktionierender Infrastruktur. Die meisten der 8.000 Einwohner sind Kleinbauern oder Viehzüchter, die in mehreren Dörfern des Ortes leben und sich selbst versorgen. Sie haben zumeist nur die Grundschule besucht und leben in sehr einfachen bis ärmlichen Verhältnissen. Aufgrund der isolierten Ortslage ist der Weg zu den Märkten der nächstgelegenen Stadt sehr mühselig, sodass die Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Tätigkeit begrenzt sind. Auch die Gesundheitsversorgung und der Zugang zu weiterführender Bildung sind stark eingeschränkt, sodass sich das Leben der Menschen auf Linge konzentriert.
Mit dem Projekt „Indonesien/Linge/Lebensmittelhilfe 2024” von muslimehelfen konnte die sozioökonomische Situation der Einwohner von Linge jedoch, alhamdulillah, etwas verbessert werden. Am 14. Oktober 2024 wurden Lebensmittelpakete an jeweils 500 Familien verteilt. Jede Familie erhielt 20 kg Reis, 1 kg Zucker, 2 l Speiseöl, 500 g Salz, 425 g Fischkonserven, 600 g Maisnudeln und 2 Packungen Reismehl. Der 41-jährige Ali war sehr gerührt und sagte: „Die Leute aus der Stadt kommen so gut wie nie zu uns ins Dorf. Heute ist es das erste Mal, dass ich sowas erlebe. Diese Leute hier sind zu uns gekommen und bringen Lebensmittel für mich und meine Familie. Ich bin so glücklich darüber. Möge Allah euch ohne Ende Freude gewähren. Amin.“ Somit konnte nicht nur die sozioökonomische Situation der Einwohner verbessert werden, sondern auch ein dringendes humanitäres Bedürfnis, nämlich das nach Lebensmitteln. Mit dem Abschluss dieses Lebensmittelhilfeprojekts war auch die erste Phase der OVAAT-Projektreihe beendet worden.
Nachdem eine ausreichende Lebensmittelversorgung sichergestellt war, sah die nächste Phase der OVAAT-Projektreihe die Gewährleistung eines weiteren dringenden und unverzichtbaren humanitären Bedarfs vor: den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die lokalen Behörden hatten zwar Wasserleitungen gebaut, doch diese konnten den Bedarf kaum decken. Im Frühjahr 2025 bot das Projekt „Indonesien/OVAAT/Wasseranlage” von muslimehelfen eine Lösung für diese Situation. In den Dörfern Linge und Penaron wurde jeweils eine Wasseranlage errichtet, um die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser zu gewährleisten. Beide Wasseranlagen sind mit einem 1.000-Liter-Wassertank, Wasserhähnen und einer elektrischen Wasserpumpe ausgestattet. Sie wurden an gut erreichbaren Stellen in den beiden Dörfern errichtet. Dadurch konnte das Risiko von Krankheiten durch unsauberes Wasser und mangelnde Hygiene verringert werden. In den beiden Dörfern wurde ein Komitee gegründet, das für die Instandhaltung, Wartung und die Nutzungszeiten der Wasseranlagen zuständig ist.
Wie in der OVAAT-Projektreihe vorgesehen, waren die Dorfbewohner und lokalen Behörden bei der Planung und den Vorbereitungen vor Ort und wurden auch beim eigentlichen Bau der Wasseranlagen miteinbezogen. So konnte die Bereitstellung des dringendsten humanitären Bedarfs an sauberem Trinkwasser gesichert und die diesbezügliche Abhängigkeit des Ortes Linge verringert werden. Die Gemeinschaft der Dorfbewohner wurde durch die Teilnahme an Planung und Bau sowie der anschließenden gemeinsamen Verantwortung für die Wasseranlage deutlich gestärkt.
Diese beiden Aspekte wurden schließlich in der nächsten Phase der OVAAT-Projekte durch das Projekt „Indonesien/OVAAT/Linge Health, Hygiene and Sanitation Training” (Schulung für Gesundheit, Hygiene und Reinigung) von muslimehelfen im März 2025 nochmals hervorgehoben. Die Dorfbewohner von Linge und Penaron wurden zunächst durch Informations- und Aufklärungsveranstaltungen über die Wartung und Reinigung der Wasseranlage informiert. Im Anschluss wurden sie speziell zu Gesundheits-, Hygiene- und Reinigungsfragen geschult. Ziel war es, nicht nur die ordnungsgemäße Nutzung der Wasseranlage zu vermitteln, sondern auch ein Bewusstsein für die eigene Gesundheit und Körperhygiene sowie den sicheren und hygienischen Umgang mit sauberem Trinkwasser zu schaffen. Krankheiten, die durch mangelnde Hygiene verursacht wurden und einen Arztbesuch sowie die Einnahme von Medikamenten erforderlich gemacht hätten, konnten so vermieden werden. Die Abhängigkeit von einer medizinischen und gesundheitlichen Versorgung in der weit entfernt gelegenen nächsten Stadt konnte so ebenfalls verringert werden.
Die Kenntnisse zur Wartung und Instandhaltung der Wasseranlage machten die Dorfbewohner unabhängiger von Wartungs- und Reinigungsfachpersonal. Die gegenseitige Verantwortung für die Wartung und Reinigung der Wasseranlage förderte zudem das Gemeinschaftsgefühl in den beiden Dörfern. Zum Projektabschluss erhielten die Dorfbewohner von Linge und Penaron jeweils ein Gesundheits-Hygiene-Reinigungs-Kit, um das Erlernte in die Praxis umsetzen zu können. Dieses enthielt jeweils 3 Zahnbürsten, 2 Zahnpasten, 4 Kernseifen, 2 Shampoos, 1 Waschmittel, 1 Geschirrspülmittel, 2 Packungen Kosmetiktücher und einen 15-Liter-Wassereimer. Damit war die aktuellste Phase der OVAAT-Projektreihe vorerst zu einem Abschluss gekommen …
… Am 21. April 2025 kam ich um 8:27 Uhr im Dorf Linge an. Vor der Reise hatte ich mich mit den zuvor geschilderten Details zu den drei Projekten von muslimehelfen aus den Projektunterlagen zur OVAAT-Projektreihe vertraut gemacht. Die Anreise am Tag zuvor hatte um 8 Uhr in Banda Aceh, der Hauptstadt Acehs, gemeinsam mit dem Team des indonesischen Partners begonnen und war am Abend um 19 Uhr in der Unterkunft Pangmoed im Ort Linge zu Ende gegangen. Die nächstgelegene Stadt Takengon am Laut-Tawar-See hatten wir am Tag zuvor während der Durchfahrt kurz gesehen. Bis nach Linge waren es dann noch knapp über zwei Stunden. Mein erster Eindruck von Linge war: Es ist ein sehr ländlich geprägtes, ruhiges Dorf inmitten der Berge und Wildnis von Zentral-Aceh. Die Beschreibung der isolierten Lage Linges inmitten von Bergen stimmte also mit den Details aus den Projektunterlagen überein. Die Temperaturen im Dorf waren für Indonesien ungewöhnlich angenehm kühl, wohl wegen der frühen Tageszeit und der Lage in den Bergen.
Der Dorfvorsteher Zainuddin hatte uns bereits bei unserer Ankunft im Dorf begrüßt. Nun wollte ich mehr über die Situation der Dorfbewohner und die errichtete Wasseranlage erfahren. Die Wasseranlage war neben der Moschee errichtet worden, das war also die für alle Dorfbewohner gut erreichbare Stelle. Die Wasseranlage kannte ich bereits aus den zugeschickten Projektfotos. Es war jedoch ein ganz anderer Eindruck, die errichtete Wasseranlage neben der Moschee in Linge selbst zu sehen. Während unseres Aufenthalts kamen zwei Dorfbewohnerinnen zur Wasseranlage, um Wasser für die tägliche Wäsche zu holen. Die Wasseranlage funktionierte also und wurde von den Dorfbewohnern genutzt. In den Gesprächen mit Zainuddin stellte sich heraus, dass die nächste Stelle für sauberes Trinkwasser vor der Errichtung der Wasseranlage fünf Kilometer vom Dorf entfernt gewesen war. Nun können die Dorfbewohner die Wasseranlage bei der Moschee benutzen und das Wasser steht allen kostenlos zur Verfügung.
Eigentlich gäbe es noch viel mehr über meinen Aufenthalt in den Dörfern Linge und Penaron zu berichten. In Penaron wurde neben der Moschee eine zweite Wasseranlage errichtet, die besonders für die Dorfbewohner eine Erleichterung darstellt, da sie nun nicht mehr am Flussufer die Gebetswaschung machen müssen. Mit der kurzen Schilderung der Situation der Dorfbewohner von Linge möchte ich aufzeigen, dass die Eindrücke einer Projektreise die bereits vorhandenen, detailreichen Informationen aus den Projektunterlagen ergänzen und somit die Projektarbeit bei muslimehelfen abrunden. Alhamdulillah ist es muslimehelfen nach fast sechs Jahren nun wieder gelungen, seine Partner im Ausland zu besuchen und sich ein eigenes Bild von den Lebenssituationen der Begünstigten vor Ort zu machen. In Linge mussten die Dorfbewohner fünf Kilometer gehen, um sich sauberes Trinkwasser zu holen, bevor die Wasseranlage neben der Moschee errichtet wurde. Jetzt sind es nur noch ein paar Meter bis zur Moschee.
Was mir von der Projektreise nach Indonesien am stärksten im Gedächtnis geblieben ist, ist die Tatsache, dass die Lebenssituationen der Begünstigten vor Ort sehr schwierig sind und ihnen einiges abverlangen. In Linge hat sich die Trinkwasserversorgung sehr verbessert, alhamdulillah, aber trotzdem muss immer noch überlegt werden, wie viel Wasser für welchen Zweck von der Wasseranlage geholt werden muss. Bei uns sind es nur ein paar Schritte, um sich ohne irgendwelche Gedanken mal die Hände zu waschen. Mir liegt viel daran, noch einmal daran zu erinnern und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass viele unserer Geschwister in Indonesien und an anderen Orten auf der Welt es im Leben nicht leicht haben und auf Unterstützung angewiesen sind.
Die OVAAT-Projektreihe sieht gemeinsam mit muslimehelfen bald die Fortführung der weiteren Projektphasen vor. Die Dorfschule in Linge, an der das Plakat
über die Gesundheits-, Hygiene- und Reinigungsschulung angebracht ist, verfügt derzeit über kein Toilettengebäude. Die Schulkinder nutzen stattdessen die Büsche hinter der Schule als Toilette. Die Schule ist insgesamt in einem sehr renovierungsbedürftigen Zustand, weil bisher wenig bis kaum Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Wenn Du Dich an dem Projekt für die Dorfschule beteiligen möchtest und Dich für die weitere Entwicklung in Linge interessierst, dann folge uns in den sozialen Medien und Netzwerken sowie auf unserer Homepage, um über die OVAAT-Projektphase auf dem Laufenden zu bleiben.
Möge Allah Euch für Eure Großzügigkeit reichlich belohnen! Amin.