Was bedeutet Sadaqa Dscharija?

Das Wort Sadaqa kommt aus dem Arabischen und bedeutet übersetzt „wahrhaftig“ oder „aufrecht sein“. Es bezeichnet auch eine wohltätige und freiwillige Abgabe. Die Sadaqa bringt den Muslim Allah und dem Paradies näher, und er erhält vielfachen Lohn bei Allah, wenn er dabei die richtige Nijja (Absicht) hatte. Dscharija kommt ebenfalls aus dem Arabischen und bedeutet auf Deutsch „fortdauernd“ oder „fließend“. Die Sadaqa dscharija bezeichnet demnach eine „fortdauernde Spende“ und ist eine besondere Form der Sadaqa.

Der wohl bekannteste Hadith (Überlieferung; Mz.: Ahadith), der diese Art der Sadaqa erwähnt, ist der folgende: Der Prophet Muhammad (s*) sagte sinngemäß: „Wenn der Mensch stirbt, wird er (vom Verdienst) seiner Taten getrennt, außer in drei (Fällen): eine Sadaqa, die fortdauert (Sadaqa dscharija), Wissen, das Nutzen bringt, und ein aufrechter Nachkomme, der für ihn bittet“ (Muslim).

Die muslimischen Gelehrten folgern daraus, dass die Taten eines Menschen mit seinem Tod enden und dass ihm dafür auch keine Belohnung mehr angerechnet wird, außer in den drei beschriebenen Fällen. Denn für alle drei Fälle hat der Verstorbene die Grundlagen gelegt: Er hat den aufrechten Nachkommen großgezogen, er hat das nützliche Wissen aufgeschrieben und verbreitet, und er hat die Sadaqa dscharija gestiftet.

Für diese Art von Taten, die der Muslim zu Lebzeiten vollbringt, erhält er also auch nach seinem Tod Belohnung, da sie weiterhin Früchte tragen. Das Besondere der Sadaqa dscharija ist demnach, dass sie dem Muslim auch nach seinem Tod ermöglicht, Allah und dem Paradies näher zu kommen, da der Verdienst seiner „fortdauernden Spende“ weiterhin dem Buch seiner guten Taten „zufließt“.

Sadaqa Dscharija als Waqf

Seit jeher richten die Muslime eine Sadaqa dscharija auch als Waqf ein. Waqf leitet sich ab vom arabischen Verb waqafa, das u.a. „anhalten“ im Sinne von „festhalten“ bedeutet. Gemeint ist das „Festhalten am Ursprung und das Spenden seiner Frucht“, d.h. das Festhalten von Vermögen und die Verwendung seiner Nützlichkeit auf dem Wege Allahs. Unter Waqf versteht man heute gemeinhin eine „Stiftung“, und die Sadaqa dscharija ist eine Form davon.

Was kann man stiften?

In dem folgenden Hadith nennt der Prophet (s) einige Beispiele eines Waqf: „Unter dem, was den Gläubigen von seinen Taten und guten Werken nach seinem Tod erreicht ist Wissen, das er weitergab und verbreitete, ein aufrechter Nachkomme, den er hinterlässt, ein Koranexemplar, das er vererbt, eine Moschee, die er baute, eine Herberge für den Sohn des Weges, ein Gewässer, das er zum Fließen brachte und eine Sadaqa, die er von seinem Vermögen gab als er noch lebte und gesund war und die ihn nach seinem Tod erreicht“ (Ibn Madscha).

Frühe Stiftungen im Islam

Ibn Umar sagte: „Bei (der Schlacht von) Chaibar fiel Umar Ibnu l-Chattab ein Grundstück zu und er ging zum Propheten (s) um ihn diesbezüglich um Rat zu fragen, und so sagte er: ,Gesandter Allahs! Mir ist bei Chaibar ein Grundstück zugefallen und ich habe niemals Besitz erlangt, der mir kostbarer war als dieser. Also was rätst du mir (, dass ich mit dem Grundstück anfange)?’ Der Prophet (s) antwortete ihm: ,Wenn du willst, mache (das Grundstück selbst) unveräußerbar und gib (den Ertrag) als Sadaqa.’ Da gab Umar es als Sadaqa (und verfügte), dass es nicht verkauft, verschenkt oder vererbt werden dürfe. Und er machte es zur Stiftung für die Armen, die Verwandten, die Unfreien (, die sich freikaufen wollen), für die Sache Allahs, für den Sohn des Weges und für den Gast. Und es machte nichts, wenn derjenige, der (die Stiftung) verwaltete und andere davon speiste, sich (selbst) davon ernährte, ohne (jedoch) damit Profit zu machen“ (Buchari). Mit dieser Spende hatte Umar die erste Stiftung im Islam eingerichtet.

Auch die erste Moschee des Islam wurde auf einem gestifteten Boden erbaut: Als der Prophet (s) nach Medina kam und auf einem Grundstück, das den Banu Nadschar gehörte, eine Moschee errichten wollte, forderte er die Banu Nadschar auf, ihm einen Preis für das Grundstück zu nennen, damit er es erwerben könne. Doch die Banu Nadschar antworteten: „Bei Allah, wir fordern seinen Wert nur bei Allah, dem Erhabenen!“ (Buchari).

Wichtigste Grundlagen eines Waqf

Der Hadith von Ibn Umar nennt die wichtigsten Bedingungen für einen Waqf: Er darf nicht verkauft, verschenkt oder vererbt werden. Aus demselben Hadith geht aber auch hervor, dass man von dem spenden bzw. das stiften soll, das einem selbst etwas wert ist. Die Prophetengefährten waren darauf bedacht, von dem herzugeben, was ihnen kostbar war, damit sie sich selbst in ihrem Glauben festigen und Allahs Wohlgefallen erlangen würden. Denn Allah sagt im Koran sinngemäß: „Sicher erlangt ihr nicht die Frömmigkeit, bis ihr von dem hergebt, was ihr liebt, …“ (3:92).

Über eine Begebenheit, die sich ereignete, als obiger Koranvers offenbart wurde, erzählt Anas: „Abu Talha besaß unter den Ansar in Medina die meisten Palmen, und sein ihm liebster Besitz war (ein Palmengarten namens) Bairuhaa’, der sich neben der Moschee befand. Allahs Gesandter (s) ging für gewöhnlich in ihn hinein und trank von seinem erfrischenden Wasser. Als dann dieser Vers offenbart wurde: ,Sicher erlangt ihr nicht die Frömmigkeit, bis ihr von dem hergebt, was ihr liebt, …’ ging Abu Talha zu Allahs Gesandtem (s) und sagte: ,Gesandter Allahs! Allah, der Gepriesene und Erhabene, sagt: ,Sicher erlangt ihr nicht die Frömmigkeit, bis ihr von dem hergebt, was ihr liebt, …’ und mein liebster Besitz ist Bairuhaa’ – er ist eine Sadaqa für Allah! Ich hoffe auf das Gute in ihm und auf seine Aufspeicherung (der Belohnung für den gestifteten Garten) bei Allah. So verfüge über ihn, o Gesandter Allahs, wie es dir beliebt.’ Daraufhin sagte Allahs Gesandter (s): ,Bravo, dies ist ein gewinnbringender Besitz! Dies ist ein gewinnbringender Besitz! Ich habe gehört, was du über ihn gesagt hast, und ich denke, du solltest ihn deinen Verwandten geben.’ Da sagte Abu Talha: ,Das werde ich tun, Gesandter Allahs’, und so teilte Abu Talha ihn unter seinen Angehörigen und den Kindern seines Onkels väterlicherseits auf“ (Muwatta).

Arten von Stiftungen

In dem Hadith über Abu Talha finden wir ein Beispiel für eine Familienstiftung (Waqf ahli). Eine karitative Stiftung (Waqf chairi) bestünde hingegen etwa im Falle eines Moscheebaus. Natürlich ist auch eine Kombination von Familien- und karitativer Stiftung möglich, wie z. B. das von Umar gespendete Grundstück. Hilfsorganisationen können bei der Einrichtung einer karitativen Stiftung behilflich sein. Beispielsweise besitzt muslimehelfen mittlerweile einige Erfahrung beim Bau von Brunnen in verschiedenen Regionen.

Stiften im Namen von Verstorbenen

In den erwähnten Ahadith haben die Stifter selbst und zu Lebzeiten gestiftet. Es ist aber auch möglich, dass beispielsweise Kinder im Namen ihrer verstorbenen Eltern Stiftungen einrichten, so dass die Belohnung für die Stiftung den Eltern zufließt, wobei auch der Stifter dafür Belohnung erhält. So sagte Sa’d Ibn Ubada zum Propheten (s): „Gesandter Allahs! Umm Sa’d ist gestorben, welche Sadaqa ist also am verdienstvollsten (, die ich für sie spenden kann)?“ Der Prophet (s) sagte: „Wasser.“ Da grub er einen Brunnen und sagte: „Dieser ist für Umm Sa’d“ (Abu Dawud).

Stiften für die Schöpfung

All die erwähnten Beispiele islamischer Stiftungen beinhalten u.a. auch einen sozialen Aspekt, da die Gemeinschaft von jeder Stiftung profitiert. Doch der soziale Aspekt erstreckt sich nicht nur auf die menschliche Gemeinschaft, sondern auf die Schöpfung insgesamt, was auf wunderbare Weise mit dem Selbstverständnis des Islam als die natürliche, gottgewollte „Lebensweise“ für die gesamte Schöpfung übereinstimmt.

Der Prophet (s) sagte sinngemäß: „Wer ein Gebäude erbaut und dabei kein Unrecht tut und nicht überschreitet, oder einen Setzling einpflanzt und dabei kein Unrecht tut und nicht überschreitet, dem fließt dafür Belohnung zu, solange davon etwas von der Schöpfung Allahs, des Gepriesenen und Erhabenen, Nutzen zieht“ (Ahmad).

Somit ist die Sadaqa dscharija für den Muslim die Chance, Allah und dem Paradies bis zum Jüngsten Tag immer noch ein Stück näher zu kommen. Allahs Gesandter (s) sagte sinngemäß: „Kein Muslim pflanzt einen Setzling ein, so dass davon ein Tier, ein Mensch oder ein Vogel isst, ohne dass ihm dies bis zum Jüngsten Tag als Sadaqa angerechnet würde“ (Muslim).

Und Allah weiß es am Besten und Er führt zum richtigen Weg.

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